WISSEN Grundlage für Covid-19-Mittel Körpereigenes Protein senkt Viruslast 20-fach

DIENSTAG, 14. DEZEMBER 2021

Forscher des Helmholtz-Instituts stoßen auf einen körpereigenen Stoff, der den Vermehrungstrick von SARS-CoV-2 aushebelt und das Coronavirus stoppt. Die Wirkweise des Proteins könnte die Grundlage für Covid-19-Medikamente und andere antivirale Mittel sein. Wird SARS-CoV-2 nicht aufgehalten, verbreitet es sich schnell im Körper.
(Foto: imago images/MiS)

Ein Protein der menschlichen Immunabwehr könnte in Zukunft die Basis für ein antivirales Mittel zur Behandlung von Covid-19 bilden. Forscher des Würzburger Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben zeigen können, wie das sogenannte Zinkfinger antivirale Protein, kurz ZAP, den Vermehrungsmechanismus von SARS-CoV-2 hemmt und die Viruslast in Zellen um das 20-Fache reduziert, teilt das Institut mit. Die Ergebnisse des Forscherteams wurden im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.

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ZAP ist ein multifunktionales Protein des menschlichen Immunsystems, das die Vermehrung bestimmter Viren hemmt. Es kommt in einer kurzen (ZAP-S) und einer langen Form (ZAP-L) vor. Die Untersuchungen für die aktuelle Studie wurden mit ZAP-S, also der kurzen Form von ZAP durchgeführt. "ZAP ist ein multifunktionales Molekül in der Immunabwehr, das eine überschießende Immunantwort beruhigen und die virale Aktivität herunterfahren kann", erklärt Professorin Neva Caliskan, Forschungsgruppenleiterin am HIRI und Leiterin der Studie dazu.

Vermehrungstrick von RNA-Viren

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Viren wie SARS-CoV-2, deren Erbgut aus Ribonukleinsäuren (RNA) besteht, nutzen zu ihrer Vermehrung einen Trick, der als programmierte ribosomale Leserasterverschiebung bezeichnet wird. Dabei erweisen sich diese Viren als Meister der Manipulation: Sie dringen in die Wirtszellen ein und kapern dort den Prozess, den die Zellen nutzen, um genetische Informationen von einer Boten-RNA abzulesen und Proteine herzustellen. Die Viren verändern die Leserichtung: Dadurch können sie ihre eigenen Proteine produzieren und sich vermehren. Die Forscher machten sich mit diesem Wissen auf die Suche nach Möglichkeiten, diesen Trick unterbinden zu können und stießen dabei auf das bereits bekannte ZAP.

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"Die Leserasterverschiebung hat sich evolutionär als Herzstück der Virusreplikation durchgesetzt. Und genau das macht sie zu einem attraktiven Wirkstoffziel", sagt Matthias Zimmer, der an der Studie beteiligt war. "Interessanterweise konnten wir nachweisen, dass ZAP an die virale RNA bindet, die die Leserasterverschiebung auslöst", ergänzt der Forscher. Bisher war nämlich nicht bekannt, ob und wie Proteine wie ZAP in die ribosomale Leserasterverschiebung von SARS-CoV-2 eingreifen. Die Forscher liefern mit ihren Untersuchungen nun Antworten darauf: "ZAP greift in die strukturelle Faltung der Coronavirus-RNA ein und unterbindet das Signal, das SARS-CoV-2 aussendet, um die Wirtszellen zur Produktion seiner Replikationsenzyme zu bewegen", beschreibt die ebenfalls an der Studie beteiligte Anuja Kibe den antiviralen Effekt des Proteins.

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Den Forschern ist es zudem gelungen nachzuweisen, dass Wirtszellen mit einem erhöhten ZAP-Spiegel eine etwa 20-fach reduzierte Virusmenge aufweisen. Das gehäufte Auftreten - oder Fehlen - des Proteins könnte somit auch ein Indikator dafür sein, ob eine Corona-Infektion einen leichten oder schweren Verlauf nimmt.

Auch wenn die Studienergebnisse vielversprechend sind, wird noch mehr Forschung nötig sein, um die Mechanismen vollständig zu verstehen. Denkbar ist heute schon, dass das körpereigene Protein ZAP als Vorlage für neue antivirale Mittel genutzt wird.


Quelle: ntv.de, jaz